In der Erwägung, daß es zur Förderung der Zusammenarbeit der Nationen und zur
Gewährleistung von Frieden und Sicherheit zwischen ihnen darauf ankommt, gewisse Verpflichtungen einzugehen, nicht zum Kriege zu schreiten, in aller
Öffentlichkeit auf Gerechtigkeit und Ehre beruhende Beziehungen zwischen den
Völkern zu pflegen, die von nun an als Regel für das tatsächliche Verhalten
der Regierungen anerkannten Vorschriften des Völkerrechts genau zu beobachten, die Gerechtigkeit herrschen zu lassen und alle vertragsmäßigen
Verpflichtungen in den gegenseitigen Beziehungen der organisierten Völker
gewissenhaft zu beobachten, nehmen die hohen vertragsschließendern Teile die
folgende Satzung an, die den Völkerbund stiftet.
Artikel 1 Der Völkerbund umfaßt als ursprüngliche Mitglieder
diejenigen unterzeichneten Mächte, deren Namen in der Anlage der gegenwärtigen
Satzung aufgeführt sind, sowie diejenigen gleichfalls in der Anlage bezeichneten
Staaten, die der gegenwärtigen Satzung ohne jeden Vorbehalt durch eine im
Sekretariat innerhalb zweier Monate nach Inkrafttreten der Satzung
niederzulegende Erklärung beitreten. Der Beitritt ist allen anderen Mitgliedern
des Bundes mitzuteilen. Alle sich selbst verwaltenden Staaten, Dominien oder
Kolonien, die nicht in der Anlage aufgeführt sind, können Mitglieder des Bundes
werden, wenn ihrer Zulassung durch zwei Drittel der Bundesversammlung zugestimmt
wird, vorausgesetzt, daß sie wirksame Gewähr für ihre Absicht geben, ernsthaft
ihre internationalen Verpflichtungen einzuhalten, und die Bundessatzung
hinsichtlich Ihrer Streitkräfte und ihrer Rüstungen zu Lande, zur See und in der
Luft annehmen. Jedes Mitglied des Bundes kann mit einer zweijährigen
Kündigungsfrist aus dem Bunde austreten, sofern es im Augenblick des Rücktritts
alle seine internationalen Verpflichtungen mit Einschluß derjenigen, die sich
aus den gegenwärtigen Satzungen ergeben, erfüllt hat.
Artikel 2 Die Tätigkeit des Bundes, wie sie in der gegenwärtigen
Satzung festgelegt ist, wird ausgeübt durch eine Bundesversammlung und durch
einen Rat, denen ein ständiges Sekretariat zur Seite tritt.
Artikel 3 Die Bundesversammlung setzt sich zusammen aus Vertretern
der Bundesmitglieder. Sie tagt in bestimmten Zeiträumen oder auch zu jedem
anderen Zeitpunkt, wenn die Umstände es erfordern, am Sitze des Bundes oder an
einem besonders zu bezeichnenden Ort. Die Versammlung befaßt sich mit allen
Angelegenheiten, die zur Zuständigkeit des Bundes gehören oder den Frieden der
Welt berühren. Jedes Mitglied des Bundes besitzt nur eine Stimme und darf
auch nicht mehr als drei Vertreter in der Versammlung haben.
Artikel 4 Der Rat setzt sich zusammen aus Vertretern der alliierten
und assoziierten Hauptmächte sowie aus Vertretern von vier anderen Mitgliedern
des Bundes. Diese vier Mitglieder des Bundes werden von der Versammlung nach
freiem Ermessen und für eine von ihr beliebig zu bestimmende Zeit gewählt. Bis
zu der ersten Wahl durch den Bund sind die Vertreter Belgiens, Brasiliens,
Spaniens und Griechenlands Mitglieder des Rates. Mit Zustimmung der Mehrheit
der Versammlung kann der Rat Mitglieder des Bundes bezeichnen, denen von da ab
eine dauernde Vertretung im Rate zukommt; mit gleicher Zustimmung kann der Rat
die Zahl der Mitglieder des Bundes erhöhen, die von der Versammlung zur
Vertretung im Rate zu wählen sind. Der Rat versammelt sich, sooft die
Umstände es erfordern, jedoch mindestens einmal im Jahre, am Sitze des Bundes
oder an einem anderen dafür zu bezeichnenden Ort. Der Rat befaßt sich mit
allen Fragen, die zu der Zuständigkeit des Bundes gehören oder den Frieden der
Welt berühren. Jedes Mitglied des Bundes, das nicht im Rate vertreten ist,
soll aufgefordert werden, einen Vertreter zu entsenden, wenn eine Frage auf der
Tagesordnung des Rates steht, die seine Interessen besonders berührt. Jedes
im Rate vertretene Bundesmitglied hat nur eine Stimme und nur einen Vertreter.
Artikel 5 Soweit nicht in der gegenwärtigen Satzung oder in den
Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages etwas anderes ausdrücklich bestimmt
ist, werden die Entscheidungen der Bundesversammlung oder des Rates mit
Einstimmigkeit der bei der Sitzung vertretenen Bundesmitglieder getroffen.
Alle Fragen des Verfahrens, die sich bei den Sitzungen der Bundesversammlung
oder des Rates ergeben, mit Einschluß der Bezeichnung der für einzelne Punkte
eingesetzten Untersuchungsausschüsse, werden durch die Versammlung oder durch
den Rat geregelt und durch Stimmenmehrheit der bei der Sitzung vertretenen
Bundesmitglieder entschieden. Die erste Tagung der Versammlung und die erste
Tagung des Rates wird durch den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika
berufen.
Artikel 6 Das ständige Sekretariat wird am Sitze des Bundes
errichtet. Es umfaßt einen Generalsekretär sowie die erforderlichen Sekretäre
nebst Personal. Der erste Generalsekretär wird in der Anlage benannt. Für
die Folge wird der Generalsekretär von dem Rat mit Zustimmung der Mehrheit der
Bundesversammlung ernannt. Die Sekretäre und das Personal des Sekretariats
werden von dem Generalsekretär mit Zustimmung des Rates ernannt. Der
Generalsekretär des Bundes nimmt als solcher an allen Sitzungen der Versammlung
und des Rates teil. Die Ausgaben des Sekretariats werden von den Mitgliedern
des Bundes nach dem Verhältnis getragen, das für das Internationale Büro des
Weltpostvereins besteht.
Artikel 7 Der Sitz des Bundes ist Genf. Der Rat kann jederzeit
die Errichtung an einem anderen Orte bestimmen. Alle Ämter des Bundes oder
der damit zusammenhängenden Dienststellen mit Einschluß des Sekretariats sind in
gleicher Weise Männern und Frauen zugänglich. Die Vertreter der
Bundesmitglieder und die Beamten des Bundes genießen, solange sie sich in
Ausübung Ihrer Bundesfunktionen befinden, die Vorrechte und die Immunität der
Diplomaten. Die von dem Bunde oder seinen Beamten oder bei seinen Sitzungen
benutzten Gebäude und Grundstücke sind unverletzlich.
Artikel 8 Die Mitglieder des Bundes erkennen an, daß die
Aufrechterhaltung des Friedens es nötig macht, die nationalen Rüstungen auf das
Mindestmaß herabzusetzen, das nicht der nationalen Sicherheit und mit der
Durchführung der durch ein gemeinsames Handeln auferlegten internationalen
Verpflichtungen vereinbar ist. Der Rat bereitet unter Berücksichtigung der
geographischen Lage und der besonderen Umstände jedes Staates die Pläne für
diese Abrüstung zum Zweck einer Prüfung und Entscheidung durch die verschiedenen
Regierungen vor. Diese Pläne müssen von neuem geprüft und (soweit
erforderlich) mindestens alle 10 Jahre revidiert werden. Die derart
festgesetzte Grenze für die Rüstungen darf nach Ihrer Annahme durch die
verschiedenen Regierungen nicht ohne Zustimmung des Rates überschritten werden.
Da nach Ansicht der Bundesmitglieder die Privatherstellung von Munition und
Kriegsgerät schweren Bedenken unterliegt, beauftragen sie den Rat, Mittel ins
Auge zu fassen, wodurch den Unzuträglichkeiten einer solchen Herstellung
vorgebeugt werden kann; dabei ist den Bedürfnissen der Bundesmitglieder Rechnung
zu tragen, die nicht selbst in der Lage sind, die für Ihre Sicherheit
erforderlichen Mengen an Munition und Kriegsgerät herzustellen. Die
Bundesmitglieder verpflichten sich zum offenen und vollständigen Austausch aller
Nachrichten über den Stand ihrer Rüstungen, über ihre Heeres-, Flotten- und
Luftflottenprogramme und über die Lage ihrer Kriegsindustrie.
Artikel 9 Eine ständige Kommission wird eingerichtet, um dem Rat
Gutachten über die Ausführung der Bestimmungen der Artikel 1 und 8 und Oberhaupt
über Heeres-, Flotten- und Luftflottenfragen zu erstatten.
Artikel 10 Die Bundesmitglieder verpflichten sich, die territoriale
Unversehrtheit und die gegenwärtige politische Unabhängigkeit aller
Bundesmitglieder zu achten und gegen jeden Angriff von außen her zu wahren. Im
Fall eines Angriffs, der Bedrohung mit einem Angriff oder einer Angriffsgefahr
trifft der Rat die zur Durchführung dieser Verpflichtung geeigneten
Sicherheitsmaßnahmen.
Artikel 11 Es wird hierdurch ausdrücklich erklärt, daß jeder Krieg
oder jede Kriegsdrohung, möge dadurch eins der Bundesmitglieder unmittelbar
bedroht werden oder nicht, den ganzen Bund angeht und daß dieser alle Maßregeln
zur wirksamen Erhaltung des Völkerfriedens treffen muß. In diesem Fall hat der
Generalsekretär unverzüglich auf Antrag eines jeden der Bundesmitglieder den Rat
zu berufen. Es wird ferner erklärt, daß jedes Bundesmitglied das Recht hat,
in freundschaftlicher Weise die Aufmerksamkeit der Bundesversammlung oder des
Rates auf jeden Umstand zu lenken, der die internationalen Beziehungen
beeinflußt und in der Folge den Frieden oder das gute Einvernehmen unter den
Nationen, von denen der Frieden abhängt, bedrohen kann.
Artikel 12 Alle Mitglieder kommen überein, alle etwa zwischen ihnen
entstehenden Streitfälle, die zum Bruch führen könnten, dem
Schiedsgerichtsverfahren oder einer Untersuchung durch den Rat zu unterbreiten.
Sie vereinbaren ferner, in keinem Fall vor Ablauf einer Frist von drei Monaten
nach Fällung des Schiedsspruchs oder Erstattung des Berichts den Rates zum
Kriege zu schreiten. In allen in diesem Artikel vorgesehenen Fällen soll der
Schiedsspruch in einem angemessenen Zeitraum ergehen und der Bericht des Rates
innerhalb von sechs Monaten nach dem Tage erstattet werden, an dem er mit dem
Streitfall befaßt worden ist.
Artikel 13 Die Bundesmitglieder kommen überein, wenn sich zwischen
ihnen eine Streitfrage erhebt, die zwar nach ihrer Ansicht eine
schiedsgerichtliche Lösung zuläßt, sich aber nicht in befriedigender Weise auf
diplomatischem Wege regeln läßt, die gesamte Frage dem Schiedsverfahren zu
überweisen. Zu denjenigen Streitpunkten, die sich im allgemeinen für ein
Schiedsverfahren eignen, gehören Streitfragen, die sich auf die Auslegung eines
Vertrags, auf alle Fragen des Völkerrechts, auf alle tatsächlichen Verhältnisse,
deren Eintreten den Bruch einer internationalen Verpflichtung bilden würde, oder
auf Umfang und Art der Wiedergutmachung für einen solchen Bruch beziehen.
Das Schiedsgericht, dem die Streitfrage unterbreitet wird, unterliegt der
Wahl der Parteien oder der Festsetzung durch frühere Verträge. Die
Bundesmitglieder kommen überein, den erlassenen Schiedsspruch ehrlich und treu
auszufahren und gegen kein Mitglied des Bundes, das sich nach ihm richtet, zum
Kriege zu schreiten. Im Falle der Nichtausführung des Spruches schlägt der Rat
die zur Sicherung seiner Durchführung geeigneten Maßnahmen vor.
Artikel 14 Der Rat stellt einen Plan zur Errichtung eines ständigen
internationalen Gerichtshofs auf und unterbreitet ihn den Bundesmitgliedern.
Dieser Gerichtshof ist zuständig für alle Streitfälle internationalen
Charakters, die ihm von den Parteien unterbreitet werden. Er gibt ferner
Gutachten ab über jede Streitfrage oder jeden Punkt, mit dem der Rat oder die
Bundesversammlung ihn befaßt.
Artikel 15 Wenn sich zwischen den Bundesmitgliedern eine
Streitfrage erhebt, die einen Bruch herbeiführen könnte, und die nach der
Bestimmung des Artikel 13 nicht der Schiedsgerichtsbarkeit unterliegt, so kommen
die Bundesmitglieder überein, die Frage vor den Rat zu bringen. Zu diesem Zwecke
genügt es, wenn eine von den Parteien dem Generalsekretär von der Streitfrage
Mitteilung macht. Dieser trifft alle Maßnahmen zu einer umfassenden Untersuchung
und Prüfung. Ohne den geringsten Verzug messen ihm die Parteien die
Darlegung ihres Streitfalles mit allen bestimmten Tatsachen und Beweisstücken
zustellen. Der Rat kann ihre sofortige Veröffentlichung anordnen. Der Rat
bemüht sich, die Streitfrage zu regeln. Gelingt dies, so veröffentlicht er,
soweit er dies für nützlich hält, eine Darstellung des Tatbestandes, der
entsprechenden Auslegungen und den Wortlaut des Ausgleichs. Kann die Streitfrage
nicht ausgeglichen werden, so verfaßt und veröffentlicht der Rat einen
einstimmig oder mit Stimmenmehrheit zustande gekommenen Bericht, worin die
Umstände der Streitfrage sowie die von ihm als gerecht und für den Ausgleich am
zweckmäßigsten erachteten Lösungen darzulegen sind. Jedes Bundesmitglied,
das bei dem Rat vertreten ist, kann gleichfalls eine Darstellung des
Tatbestandes, der Streitfrage sowie seine eigenen Anträge veröffentlichen. Wird
der Bericht des Rates einstimmig angenommen, wobei die Stimmen der Vertreter der
Parteien nicht angerechnet werden, so verpflichten sich die Bundesmitglieder,
mit keiner Partei, die sich den Vorschlägen des Berichtes fügt, Krieg zu führen.
Wird der Bericht des Rates nicht von allen Mitgliedern angenommen, die nicht
Partei sind, so behalten sich die Bundesmitglieder das Recht vor, diejenigen
Maßnahmen zu treffen, die ihnen für die Aufrechterhaltung von Recht und
Gerechtigkeit erforderlich erscheinen. Wenn eine der Parteien behauptet und
der Rat anerkennt, daß der Streit sich auf eine Frage bezieht, die nach dem
Völkerrecht ausschließlich dem eigenen Ermessen dieser Partei überlassen ist, so
hat dies der Rat in einem Bericht festzustellen, jedoch keine Lösungen
vorzuschlagen. Der Rat kann alle in diesem Artikel vorgesehenen Fälle vor
die Bundesversammlung bringen. Die Versammlung muß sich gleichfalls mit der
Streitfrage auf den Antrag einer der Parteien befassen; der Antrag muß binnen 14
Tagen gestellt werden, nachdem die Streitfrage dem Rate unterbreitet worden ist.
In allen Fällen, die der Versammlung unterbreitet werden, finden die
Bestimmungen dieses Artikels und des Artikel 12 über die Tätigkeit und die
Machtbefugnis des Rates entsprechende Anwendung. Es besteht Einverständnis
darüber, daß ein Bericht, der von der Versammlung mit Zustimmung der im Rate
vertretenen Bundesmitglieder und der Mehrheit der anderen Bundesmitglieder mit
Ausnahme der Vertreter der Parteien abgefaßt worden ist, dieselbe Bedeutung hat
wie ein Bericht des Rates, dem alle Mitglieder, mit Ausnahme der Vertreter der
Parteien, zustimmen.
Artikel 16 Wenn ein Bundesmitglied unter Verletzung der durch die
Artikel 12, 13 oder 15 übernommenen Verpflichtungen zum Kriege schreitet, so
wird es ohne weiteres so angesehen, als hätte es eine kriegerische Handlung
gegen alle anderen Bundesmitglieder begangen. Diese verpflichten sich,
unverzüglich mit ihm alle Handels- und finanziellen Beziehungen abzubrechen,
ihren Staatsangehörigen jeden Verkehr mit den Angehörigen des vertragsbrüchigen
Staates zu verbieten und alle finanziellen, Handels- oder persönlichen
Verbindungen zwischen den Angehörigen dieses Staates und denjenigen jedes
anderen Staates abzubrechen, gleichviel, ob er dem Bunde angehört oder nicht.
In diesem Falle ist der Rat verpflichtet, den verschiedenen beteiligten
Staaten vorzuschlagen, mit welchen Land-, See- oder Luftstreitkräften die
Mitglieder des Bundes für ihr Teil zu der bewaffneten Macht beizutragen haben,
die zur Wahrung der Bundespflichten bestimmt ist. Die Bundesmitglieder
kommen ferner überein, sich bei der Ausführung der auf Grund dieses Artikel zu
ergreifenden wirtschaftlichen und finanziellen Maßnahmen wechselseitig zu
unterstützen, um die daraus etwa entstehenden Verluste und Unzuträglichkeiten
auf das Mindestmaß zu beschränken. Sie unterstützen sich ferner gegenseitig, um
den von dem vertragsbrüchigen Staat gegen einen von ihnen gerichteten besonderen
Maßnahmen entgegenzutreten. Sie veranlassen das Erforderliche, um den
Streitkräften jedes Bundesmitglieds, die zum Schutz der Bundespflichten
zusammenwirken, den Durchzug durch ihr Gebiet zu erleichtern. Jedes
Bundesmitglied, das sich der Verletzung einer aus dieser Satzung sich ergebenden
Verpflichtung schuldig macht, kann von dem Bunde ausgeschlossen werden. Der
Ausschluß erfolgt durch Abstimmung aller anderen im Rate vertretenen
Bundesmitglieder.
Artikel 17 Bei Streitigkeiten zwischen einem Mitglied des Bundes
und einem Nichtmitglied oder zwischen Staaten, von denen keiner Mitglied des
Bundes ist, soll der Staat oder die Staaten, die dem Bunde nicht angehören,
aufgefordert werden, zur Beilegung des Streitfalles sich den Verpflichtungen zu
unterziehen, die den Bundesmitgliedern obliegen, und zwar unter Bedingungen, die
der Rat für angemessen erachtet. Wird diese Aufforderung angenommen, so finden
die Artikel 12 bis 16 mit den vom Rate für erforderlich erachteten Änderungen
Anwendung. Sofort nach der Absendung dieser Aufforderung tritt der Rat in
die Prüfung der näheren Umstände des Streitfalles ein und macht die dafür am
besten und wirksamsten erscheinenden Vorschläge. Lehnt der Staat, an den die
Aufforderung gerichtet wird, es ab, zum Zwecke der Beilegung des Streitfalls
sich den Verpflichtungen der Bundesmitglieder zu unterziehen, und schreitet er
gegen ein Bundesmitglied zum Kriege, so finden die Bestimmungen des Artikel 16
auf ihn Anwendung. Weigern sich beide Parteien, an die die Aufforderung
gerichtet ist, sich den Verpflichtungen eines Bundesmitglieds zum Zwecke der
Beilegung des Streitfalles zu unterziehen, so kann der Rat alle Maßnahmen
treffen und alle Vorschläge machen, die zur Verhütung von Feindseligkeiten und
zur Beilegung des Streites geeignet sind.
Artikel 18 Alle Verträge oder internationalen Vereinbarungen, die
in Zukunft von einem Bundesmitglied geschlossen werden, sind unverzüglich von
dem Sekretariat einzutragen und sobald als möglich zu veröffentlichen. Kein
solcher Vertrag oder keine solche internationale Abmachung ist verbindlich,
bevor die Eintragung erfolgt ist.
Artikel 19 Die Versammlung kann von Zeit zu Zeit die
Bundesmitglieder auffordern, Verträge, deren Anwendung nicht mehr in Frage
kommt, sowie internationale Verhältnisse, deren Aufrechterhaltung den
Weltfrieden gefährden könnte, einer Nachprüfung zu unterziehen.
Artikel 20 Die Bundesmitglieder erkennen jeder für sein Teil an,
daß die gegenwärtige Satzung alle gegenseitigem Verpflichtungen oder
Verständigungen aufhebt, die mit den in ihr enthaltenen Bestimmungen unvereinbar
sind; sie verpflichten sich feierlich, in Zukunft keine solchen Verträge mehr zu
schließen. Hat ein Mitglied vor seinem Eintritt in den Bund Verpflichtungen
übernommen, die mit den Bestimmungen der Satzung unvereinbar sind, so muß es
sofort das Erforderliche veranlassen, um sich von diesen Verpflichtungen zu
befreien.
Artikel 21 Internationale Vereinbarungen, wie
Schiedsgerichtsverträge, und Verständigungen über bestimmte Gebiete, wie die
Monroe-Doktrin, die der Aufrechterhaltung des Friedens dienen, werden nicht als
unvereinbar mit den Bestimmungen der gegenwärtigen Satzung betrachtet.
Artikel 22 Auf die Kolonien und Gebiete, die infolge des Krieges
aufgehört haben, unter der Souveränität der Staaten zu stehen, die sie vorher
beherrschten, und die von Völkern bewohnt sind, die noch nicht imstande sind,
sich unter den besonders schwierigen Verhältnissen der modernen Welt selbst zu
leiten, finden nachstehende Grundsätze Anwendung. Das Wohlergehen und die
Entwicklung dieser Völker bilden eine heilige Aufgabe der Zivilisation, und es
erscheint zweckmäßig, in diese Satzung Sicherheiten für die Erfüllung dieser
Aufgabe aufzunehmen. Der beste Weg, diesen Grundsatz praktisch zu
verwirklichen, ist die Übertragung der Vormundschaft über diese Völker an die
fortgeschrittenen Nationen, die auf Grund ihrer Hilfsmittel, ihrer Erfahrung
oder ihrer geographischen Lage am besten imstande und bereit sind, eine solche
Verantwortung auf sich zu nehmen: diese Vormundschaft hätten sie als Mandatare
des Bundes und in dessen Namen zu führen. Die Art des Mandates muß sich nach dem
Maße der Entwicklung des Volkes, der geographischen Lage seines Gebiets, seinen
wirtschaftlichen Bedingungen und nach allen sonstigen entsprechenden Umständen
richten. Gewisse Gemeinwesen, die ehemals zum Türkischen Reiche gehörten,
haben einen solchen Grad der Entwicklung erreicht, daß ihr Dasein als
unabhängige Nationen vorläufig anerkannt werden kann, unter der Bedingung, daß
die Ratschläge und die Unterstützung eines Mandatars ihrer Verwaltung bis zu dem
Zeitpunkt zur Seite stehen, wo sie imstande sind, sich selbst zu leiten. Bei der
Wahl des Mandatars sind die Wünsche dieser Gemeinwesen in erster Linie zu
berücksichtigen. Der Grad der Entwicklung, in dem sich andere Völker,
insbesondere diejenigen Mittelafrikas, befinden, erfordert, daß der Mandatar
dort die Verwaltung des Gebiets unter Bedingungen übernimmt, die das Aufhören
von Mißbräuchen, wie Sklaven-, Waffen- und Alkoholhandel, gewährleisten und
zugleich die Freiheit des Gewissens und der Religion verbergen, ohne andere als
die durch die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit
gebotenen Einschränkungen. Dabei ist die Errichtung von Festungen oder von
Heeres- oder Flottenstützpunkten, sowie die militärische Ausbildung der
Eingeborenen, soweit sie nicht für Polizeidienste oder für die Verteidigung des
Gebiets erforderlich ist, zu verbieten. Auch sind den anderen Mitgliedern des
Bundes gleiche Möglichkeiten für Handel und Gewerbe zu gewährleisten.
Endlich gibt es Gebiete, wie das südwestliche Afrika und gewisse Inseln im
australischen Stillen Ozean, die infolge der geringen Dichtigkeit ihrer
Bevölkerung, ihrer beschränkten Ausdehnung, ihrer Entfernung von den
Mittelpunkten der Zivilisation und ihres geographischen Zusammenhangs mit den
beauftragten Staaten oder infolge anderer Umstände am besten nach den Gesetzen
des Mandatars und als Integrierender Bestandteil dieses Staates, vorbehaltlich
der vorstehend im Interesse der eingeborenen Bevölkerung vorgesehenen
Schutzmaßnahmen, verwaltet werden. In allen Fällen hat der Mandatar dem Rat
einen jährlichen Bericht über die seiner Fürsorge übertragenen Gebiete
vorzulegen. Wenn der Umfang an Machtbefugnis, Aufsicht oder Verwaltung, der
dem Mandatar zusteht, nicht Gegenstand eines früheren Übereinkommens zwischen
den Bundesmitgliedern bildet, wird darüber von dem Rat besondere Bestimmung
getroffen. Eine ständige Kommission erhält die Aufgabe, die Jahresberichte
der Mandatare entgegenzunehmen und zu prüfen, sowie dem Rate in allen bei der
Ausführung der Mandatsverpflichtungen angehenden Fragen sein Gutachten zu
erstatten.
Artikel 23 Unter Vorbehalt und in Gemäßheit der Bestimmungen der
gegenwärtig bestehenden oder in Zukunft zu schließenden internationalen
Vereinbarungen werden die Bundesmitglieder a) sich bemühen, für Männer,
Frauen und Kinder in ihren eigenen Gebieten sowie in allen Ländern, auf die sich
ihre Handels- und Gewerbebeziehungen erstrecken, angemessene und menschliche
Arbeitsbedingungen herzustellen und aufrechtzuerhalten, auch zu diesem Zweck die
erforderlichen internationalen Organisationen einzurichten und zu unterhalten;
b) der eingeborenen Bevölkerung der ihrer Verwaltung anvertrauten Gebiete
eine angemessene Behandlung gewährleisten; c) dem Bunde die allgemeine
Überwachung der Verträge über den Mädchen- und Kinderhandel sowie über den
Handel mit Opium und anderen schädlichen Waren übertragen; d) dem Bunde die
allgemeine Überwachung des Waffen- und Munitionshandels mit denjenigen Ländern
übertragen, wo die Überwachung dieses Handels im allgemeinen Interesse
erforderlich ist; e) die notwendigen Bestimmungen treffen, um die Freiheit
des Verkehrs und der Durchfuhr sowie eine angemessene Behandlung des Handels
aller Bundesmitglieder zu sichern und aufrechtzuerhalten, und zwar unter
Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse der im Kriege 1914 bis 1918
verwüsteten Gegenden; f) internationale Maßnahmen zur Verhütung und
Bekämpfung von Krankheiten treffen.
Artikel 24 Alle bereits früher durch Kollektivverträge errichteten
internationalen Büros treten, vorbehaltlich der Zustimmung der Vertragsparteien,
unter die Leitung des Bundes. Alle sonstigen internationalen Büros und alle
Kommissionen zur Regelung von Angelegenheiten internationalen Interesses, die
künftig geschaffen werden, werden der Autorität des Bundes unterstellt sein.
Für alle Fragen von internationalem Interesse, die durch allgemeine Verträge
geregelt, aber nicht der Überwachung durch internationale Kommissionen oder
Büros unterworfen sind, hat das Bundessekretariat auf Verlangen der
Vertragsparteien und mit Zustimmung des Rates alle geeigneten Nachrichten zu
sammeln und zu verteilen, sowie dabei jede erforderliche oder erwünschte
Unterstützung zu gewähren. Der Rat kann entscheiden, daß die Ausgaben der
Büros oder Kommissionen, die unter die Leitung des Bundes treten, in die
Ausgaben des Sekretariats einbezogen werden.
Artikel 25 Die Bundesmitglieder verpflichten sich, die Einrichtung
und das Zusammenarbeiten gebührend autorisierter freiwilliger nationaler
Rote-Kreuz-Organisationen, welche die Verbesserung der Gesundheit, die
Vorbeugung von Krankheiten und die Linderung der Leiden der Welt zur Aufgabe
haben, anzuregen und zu fördern.
Artikel 26 Abänderungen der vorliegenden Satzung treten in Kraft,
nachdem sie von den Bundesmitgliedern, aus deren Vertretern der Rat besteht, und
der Mehrheit derjenigen Mitglieder, deren Vertreter die Versammlung bilden,
ratifiziert worden sind. Jedem Bundesmitglied steht es frei, Abänderungen
der Satzung abzulehnen; in diesem Falle hört seine Zugehörigkeit zum Bunde auf.
Anlage Ursprüngliche Mitglieder des Völkerbundes, die den
Friedensvertrag unterzeichnet haben: Vereinigte Staaten von Amerika,
Australien, Belgien, Bolivien, Brasilien, Britisches Reich,
China, Ekuador, Frankreich, Griechenland, Guatemala,
Haiti, Hedschas, Honduras, Indien, Italien, Japan,
Kanada, Kuba, Liberia, Neuseeland, Nikaragua, Panama,
Peru, Polen, Portugal, Rumänien, der serbisch-kroatisch-
slowenische Staat, Siam, Südafrika, Tschechoslowakei, Uruguay.
Staaten, die zum Beitritt eingeladen sind: Argentinien, Chile,
Dänemark, Kolumbien, Niederlande, Norwegen, Paraguay,
Persien, Salvador, Schweden, Schweiz, Spanien,
Venezuela.
II. Teil (Artikel 27-30). Grenzen Deutschlands.
Artikel 27 Die Grenzen Deutschlands werden folgendermaßen
festgelegt: 1. Mit Belgien: Von dem Treffpunkt der drei Grenzen
Belgiens, Hollands und Deutschlands In südlicher Richtung: die Nordostgrenze
des ehemaligen Gebietes von Neutral-Moresnet, dann die Ostgrenze des Kreises
Eupen, darin die Grenze zwischen Belgien und dem Kreis Montjoie, dann die
Nordost- und Ostgrenze des Kreises Malmedy bis zum Treffpunkt mit der Grenze von
Luxemburg.
2. Mit Luxemburg: Die Grenze vom 3. August 1914 bis zu deren Schnittpunkt
mit der französischen Grenze vom 18. Juli 1870.
3. Mit Frankreich: Die Grenze vom 18. Juli 1870 von Luxemburg bis zur
Schweiz mit dem in Teil III, Abschnitt IV (Saarbecken), in Artikel 48 gemachten
Vorbehalten.
6. Mit der Tschechoslowakei: Die Grenze vom 3. August 1914 zwischen
Deutschland und Österreich von ihrem Treffpunkt mit der alten Verwaltungsgrenze
zwischen Böhmen und der Provinz Oberösterreich bis zu dem Punkt nördlich des
ungefähr 8 km östlich von Neustadt liegenden Vorsprungs der alten Provinz
Österreich-Schlesien.
7. Mit Polen: Von dem eben bestimmten Punkt..."in nördlicher Richtung bis
zu dem Punkt wo die Grenze der Provinz Posen die Bartsch (Barycz) trifft, von
dort in nordwestl. bzw. nördlicher Richtung bis zur Warthe (Warta) an einem
Punkt 7 km westlich Birnbaum (Miedzychód), von dort in nordöstl. Richtung zur
Netze (Notec), deren Lauf aufwärts bis zur Mündung des Küddow (Gwda) südlich von
Schneidemühl (Pila), von dort in nordöstl. Richtung bis zur Ostsee an einem
Punkt etwa 20 km westlich der Halbinsel Hela (Hel). Durch diese Grenzziehung
fielen beinahe die ganze Provinz Posen und der größte Teil der Provinz
Westpreußen an Polen. Über Oberschlesien vgl. Artikel 88.
8. Mit Dänemark: Vgl. Artikel 109, 110. Artikel 28. Die Grenzen
Ostpreußens umfassen im wesentlichen die Regierungsbezirke Königsberg und
Gumbinnen, unter Abtretung des Memellandes (Klaipeda). Hinsichtlich des
Regierungsbezirks Allenstein vgl. Artikel 94-98.
III. Teil (Artikel 31-117). Politische Bestimmungen über Europa.
Erster Abschnitt. Belgien. Artikel 31 Deutschland erkennt an,
daß die Verträge vom 19. April 1839, die die Rechtslage Belgiens vor dem Kriege
bestimmten, den gegenwärtigen Verhältnissen nicht mehr entsprechen. Es stimmt
daher der Aufhebung dieser Verträge zu und verpflichtet sich schon jetzt zur
Anerkennung und Beachtung aller Abkommen, die zwischen den alliierten und
assoziierten Hauptmächten oder zwischen irgendeiner dieser Mächte und den
Regierungen von Belgien und von Holland zum Ersatz für die genannten Verträge
von 1839 getroffen werden können. Sollte Deutschlands formeller Beitritt zu
solchen Abkommen oder zu irgendeiner Bestimmung solcher Abkommen verlangt
werden, so verpflichtet sich Deutschland schon jetzt, ihnen beizutreten.
Artikel 32 Deutschland erkennt die volle Staatshoheit Belgiens über
das gesamte strittige Gebiet von Moresnet (sogenanntes Neutral-Moresnet) an.
Artikel 33 Deutschland verzichtet zugunsten Belgiens auf alle
Rechte und Ansprüche auf das Gebiet von Preußisch-Moresnet westlich der Straße
von Lüttich nach Aachen; der Teil dieser Straße am Rande dieses Gebietes gehört
zu Belgien.
Artikel 34 Ferner verzichtet Deutschland zugunsten Belgiens auf
alle Rechte und Ansprüche auf das gesamte Gebiet der Kreise Eupen und Malmedy.
Während der ersten 6 Monate nach dem Inkrafttreten dieses Vertrages werden
in Eupen und Malmedy durch die belgischen Behörden Listen ausgelegt. Die
Bewohner dieser Gebiete haben das Recht, darin schriftlich ihren Wunsch
auszusprechen, daß diese Gebiete ganz oder teilweise unter deutscher
Staatshoheit bleiben. Es ist Sache der belgischen Regierung, das Ergebnis
dieser Volksabstimmung zur Kenntnis des Völkerbundes zu bringen, dessen
Entscheidung anzunehmen sich Belgien verpflichtet.
Zweiter Abschnitt. Luxemburg. Artikel 40 Deutschland erkennt
an, daß das Großherzogtum Luxemburg mit dem 1. Januar 1919 aufgehört hat, dem
deutschen Zollverein anzugehören. Es verzichtet auf alle Rechte bezüglich des
Betriebes der Eisenbahnen, stimmt der Aufhebung der Neutralität des
Großherzogtums zu und nimmt im voraus alle internationalen Vereinbarungen an,
die zwischen den alliierten und assoziierten Mächten bezüglich des
Großherzogtums getroffen werden.
Dritter Abschnitt. Linkes Rheinufer. Artikel 42 Es ist
Deutschland untersagt, Befestigungen sowohl auf dem linken Ufer des Rheins wie
auch auf dem rechten Ufer westlich einer 50 km östlich dieses Flusses gezogenen
Linie beizubehalten oder zu errichten.
Artikel 43 Ebenso sind in der im Artikel 42 angegebenen Zone die
Unterhaltung oder die Zusammenziehung einer bewaffneten Macht, sowohl in
ständiger wie auch in vorübergehender Form, sowie alle militärischen Übungen
jeder Art und die Aufrechterhaltung irgendwelchen materieller Vorkehrungen für
eine Mobilmachung untersagt.
Artikel 44 Falls Deutschland in irgendeiner Weise den Bestimmungen
der Artikel 42 und 43 zuwiderhandeln sollte, würde dies als feindliche Handlung
gegenüber den Signatarmächten dieses Vertrages und als Versuch der Störung des
Weltfriedens betrachtet werden.
Vierter Abschnitt. Saarbecken. Artikel 45 Als Ersatz für die
Zerstörung der Kohlengruben in Nordfrankreich und in Anrechnung auf den Betrag
der völligen Wiedergutmachung von Kriegsschäden, die Deutschland schuldet, tritt
letzteres an Frankreich das vollständige und unbeschränkte Eigentum an den
Kohlengruben im Saarbecken ab, wie dieses im Artikel 48 abgegrenzt ist. Das
Eigentum geht frei von allen Schulden und Lasten sowie mit dem ausschließlichen
Ausbeutungsrecht über.
Artikel 49 Deutschland verzichtet zugunsten des Völkerbundes, der
hier als Treuhänder erachtet wird, auf die Regierung des oben [Artikel 48] genau
festgesetzten Gebietes. Nach Ablauf einer Frist von 15 Jahren nach Inkrafttreten
dieses Vertrages wird die Bevölkerung dieses Gebietes aufgefordert werden, sich
für diejenige Staatshoheit zu entscheiden, unter welche sie zu treten wünscht.
Anlage. Kap. 2. § 16. Die Regierung des Gebietes des Saarbeckens
wird einer Kommission anvertraut, die den Völkerbund vertritt. Diese Kommission
wird ihren Sitz im Gebiet des Saarbeckens haben.
Fünfter Abschnitt. Elsaß-Lothringen. Die hohen vertragschließenden Mächte
haben die moralische Verpflichtung anerkannt, das Unrecht wieder gutzumachen,
das Deutschland im Jahre 1871 sowohl gegen das Recht Frankreichs als auch gegen
den Willen der Bevölkerung von Elsaß und Lothringen begangen hat, die von ihrem
Vaterland trotz der feierlichen Proteste ihrer Vertreter in der Versammlung von
Bordeaux abgetrennt worden sind. Sie sind einig über die folgenden Artikel:
Artikel 51 Die in Gemäßheit des zu Versailles am 26. Februar 1871
unterzeichneten Vorfriedens und des Frankfurter Vertrages vom 10. Mal 1871 an
Deutschland abgetretenen Gebiete sind von dem Tage des Waffenstillstands, vom
11. November 1918, an wieder unter die französische Staatshoheit getreten.
Die Bestimmungen der Verträge, die die Festsetzung der Grenze vor 1871
enthalten, treten wieder in Kraft.
Artikel 55 Die in Artikel 51 erwähnten Gebiete fallen frei und
ledig von allen öffentlichen Schulden an Frankreich zurück unter den
Bedingungen, die in Artikel 255 des Teiles IX (finanzielle Bestimmungen) des
gegenwärtigen Vertrages vorgesehen sind.
Artikel 56 In Gemäßheit der Festsetzung des Artikel 256 des Teiles
IX (Finanzielle Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrages tritt Frankreich in
Besitz von allen Gütern und allem Eigentum des Deutschen Reichs oder der
deutschen Staaten, die in den im Artikel 51 erwähnten Gebieten liegen, ohne aus
diesem Grunde den abtretenden Staaten etwas zu zahlen oder gutzuschreiben ...
Artikel 65 Binnen einer Frist von drei Wochen nach Unterzeichnung
des vorliegenden Vertrages werden die Häfen von Straßburg und Kehl für eine
Dauer von sieben Jahren zum Zweck ihrer Ausnutzung einheitlich organisiert ...
Sechster Abschnitt. Österreich. Artikel 80 Deutschland
anerkennt die Unabhängigkeit Österreichs und wird sie streng in den durch
Vertrag zwischen diesem Staate und den alliierten und assoziierten Hauptmächten
festzusetzenden Grenzen als unabänderlich beachten, es sei denn mit Zustimmung
des Rates des Völkerbundes.
Siebenter Abschnitt. Tschechoslowakischer Staat. Artikel
81 Deutschland anerkennt, wie dies schon die alliierten und assoziierten
Mächte getan haben, die vollkommene Unabhängigkeit des Tschechoslowakischen
Staates, der das autonome Gebiet der Ruthenen im Süden der Karpaten einbegreift.
Es erklärt, die Grenzen dieses Staates, so wie sie von den alliierten und
assoziierten Hauptmächten und den anderen beteiligten Staaten festgesetzt
werden, anzuerkennen.
Artikel 83 Deutschland verzichtet zugunsten der Tschechoslowakei
auf das Hultschiner Ländchen.
Achter Abschnitt. Polen. Artikel 87 Deutschland erkennt, wie
dies bereits die alliierten und assoziierten Mächte getan haben, die völlige
Unabhängigkeit Polens an und verzichtet zugunsten Polens auf alle Rechte und
Ansprüche auf die an Polen abgetretenen Gebiete.
Artikel 88 Im größten Teil Oberschlesiens werden die Bewohner
aufgerufen, durch Abstimmung zu entscheiden, ob sie zu Deutschland oder zu Polen
zu gehören wünschen.
Anlage. § 1. Sogleich nach Inkrafttreten des vorliegenden Vertrages
und binnen einer auf nicht länger als vierzehn Tage zu bemessenden Frist haben
die deutschen Truppen, wie auch die deutschen Beamten, welche von der in § 2
vorgesehenen Kommission bezeichnet werden können, den der Abstimmung
unterliegenden Bezirk zu verlassen ... Innerhalb der gleichen Frist sind die
in diesem Bezirk eingerichteten Arbeiter- und Soldatenräte aufzulösen; die aus
einem anderen Gebiet stammenden Mitglieder derselben, die am Tage des
Inkrafttretens des vorliegenden Vertrages ihre Tätigkeit ausüben oder sie seit
dem 1. März 1919 aufgegeben haben, haben ebenfalls das Land zu verlassen ...
§ 2. Der Bezirk der Volksabstimmung wird sofort unter die Oberhoheit einer
internationalen Kommission von vier von den Vereinigten Staaten von Nordamerika,
Frankreich, dem britischen Reich und Italien ernannten Mitgliedern gestellt. Er
wird von Truppen der alliierten und assoziierten Mächte besetzt ...
Artikel 89 Polen verpflichtet sich, den Personen, Waren, Schiffen,
Kähnen, Waggons und Postsendungen im Transit zwischen Ostpreußen und dem übrigen
Deutschland Transitfreiheit durch das polnische Gebiet, einschließlich seiner
Gewässer zu gewähren, und sie in bezug auf Erleichterungen, Beschränkungen und
alle anderen Angelegenheiten zum mindesten ebenso günstig zu behandeln, wie die
Personen, Waren, Schiffe, Kähne, Waggons und Postsendungen von polnischer
Nationalität, Herkunft, Einfuhr, Eignerschaft oder einer Ausgangsstation, die
entweder polnisch ist oder günstigere Behandlung genießt, als Polen sie bietet.
Die Transitgüter sollen von allen Zoll- oder anderen ähnlichen Gebühren
befreit sein ...
Neunter Abschnitt. Ostpreußen. Artikel 94-98 Im südlichen Teil
Ostpreußens (im wesentlichen den Regierungsbezirk Allenstein umfassend) und im
nordöstlichen Teil Westpreußens wird eine Abstimmung der Einwohner über die
künftige Zugehörigkeit zu Ostpreußen oder Polen stattfinden. .Die alliierten und
assoziierten Hauptmächte werden dann die Grenze zwischen Ostpreußen und Polen in
dieser Gegend bestimmen.
Elfter Abschnitt. Die Freie Stadt Danzig. Artikel
100 Deutschland verzichtet zugunsten der alliierten und assoziierten
Hauptmächte auf alle Rechte und Ansprüche auf das Gebiet Danzigs und der
Weichsel(Wisla)mündung.
Artikel 102 Die alliierten und assoziierten Mächte verpflichten
sich, die Stadt Danzig nebst dem im Artikel 100 bezeichneten Gebiet zur Freien
Stadt zu erklären. Sie wird unter den Schutz des Völkerbundes gestellt.
Artikel 103 Die Verfassung der Freien Stadt Danzig wird im
Einvernehmen mit einem Oberkommissar des Völkerbundes von ordnungsmäßig
ernannten Vertretern der Freien Stadt ausgearbeitet. Sie wird unter die
Bürgschaft des Völkerbundes gestellt. Der Oberkommissar wird ebenso beauftragt,
in erster Instanz über alle Streitigkeiten zu entscheiden, welche sich zwischen
Polen und der Freien Stadt über den gegenwärtigen Vertrag oder die ergänzenden
Abmachungen und Vereinbarungen ergeben. Der Oberkommissar hat seinen Sitz in
Danzig.
Artikel 104 Ein Abkommen, dessen Wortlaut festzulegen sich die
alliierten und assoziierten Hauptmächte verpflichten und das zur gleichen Zeit
in Kraft treten wird, wenn die Erklärung Danzigs zur Freien Stadt erfolgt, soll
zwischen der polnischen Regierung und der genannten in Aussicht genommenen
Freien Stadt getroffen werden: 1. um die Freie Stadt Danzig in das polnische
Zollgebiet aufzunehmen und eine Freizone im Hafen einzurichten; 2. um Polen
ohne jede Einschränkung den freien Gebrauch und die Benutzung der Wasserstraßen,
Docks, Hafenbecken, Kais und sonstigen Anlagen im Gebiet der Freien Stadt zu
sichern, welche für die Einfuhr und Ausfuhr aus Polen notwendig sind; 3. um
Polen die Überwachung und Verwaltung der Weichsel und des gesamten
Eisenbahnnetzes im Gebiet der Freien Stadt zu sichern ...
Zwölfter Abschnitt. Schleswig. Artikel 109, 110 Die Bevölkerung
Nordschleswigs wird durch Abstimmung über die Festsetzung der Grenze zwischen
Deutschland und Dänemark entscheiden.
Dreizehnter Abschnitt. Helgoland.
Artikel 115 Die Befestigungen, militärischen Anlagen und Häfen der
Insel Helgoland und der Düne werden unter Aufsicht der Regierungen der
alliierten Hauptmächte von der deutschen Regierung auf eigene Kosten binnen
einer Frist zerstört, die von den genannten Regierungen festgesetzt wird ...
Deutschland darf weder diese Befestigungen, noch diese militärischen
Anlagen, noch diese Häfen, noch irgendeine ähnliche Anlage wiederherstellen.
Vierzehnter Abschnitt. Rußland und russische Staaten. Artikel
116 Deutschland erkennt die Unabhängigkeit aller Gebiete, die am 1.
August 1914 zum ehemaligen russischen Reiche gehörten, an und verpflichtet sich,
dessen Unabhängigkeit als dauernd und unantastbar zu achten ...
Artikel 117 Deutschland verpflichtet sich, die volle Rechtskraft
aller Verträge oder Abmachungen anzuerkennen, welche die alliierten und
assoziierten Mächte mit den Staaten abschließen werden, die sich auf dem
Gesamtgebiet des früheren russischen Reiches, wie es am 1. August 1914 bestand,
oder in einem Teile desselben gebildet haben oder bilden werden, und die Grenzen
dieser Staaten, so wie sie darin festgesetzt werden, anzuerkennen.
IV. Teil (Artikel 119-158). Deutsche Rechte und Interessen außerhalb
Deutschlands.
Artikel 118 Außerhalb seiner europäischen Grenzen, wie sie durch
den gegenwärtigen Vertrag festgesetzt sind, verzichtet Deutschland auf alle
Rechte, Ansprüche und Vorrechte in bezug auf alle Gebiete, die ihm oder seinen
Verbündeten gehörten, und auf alle Rechte, Ansprüche und Vorrechte, die ihm aus
irgendeinem Grunde den alliierten und assoziierten Mächten gegenüber zustanden.
Deutschland verpflichtet sich schon jetzt zur Anerkennung und Annahme der
Maßnahmen, welche von den alliierten und assoziierten Hauptmächten, wenn nötig
im Benehmen mit dritten Mächten, zur Regelung der aus den verstehenden
Bestimmungen entstehenden Folgen getroffen sind oder werden. Insbesondere
erklärt Deutschland die Annahme der Bestimmungen der folgenden Artikel, die sich
auf einige besondere Gegenstände beziehen.
Erster Abschnitt. Deutsche Kolonien. Artikel 119 Deutschland
verzichtet zugunsten der alliierten und assoziierten Hauptmächte auf alle seine
Rechte und Ansprüche in bezug auf seine überseeischen Besitzungen.
Artikel 120 Alles bewegliche und unbewegliche Eigentum des
Deutschen Reiches oder irgendeines deutschen Staates in diesen Gebieten geht
unter den in Artikel 257 des Teiles IX (Finanzielle Bestimmungen) des
gegenwärtigen Vertrages festgesetzten Bedingungen auf die Regierung über, die
die Regierungsgewalt in diesen Gebieten ausübt ...
Zweiter Abschnitt. China.
Artikel 128 Deutschland verzichtet zugunsten Chinas auf alle
Vorrechte und Vorteile aus den Bestimmungen des am 7. September 1901 in Peking
unterzeichneten Schlußprotokolls nebst sämtlichen Anlagen, Noten und Ergänzungen
...
Artikel 132 Deutschland willigt in die Aufhebung der von der
chinesischen Regierung zugestandenen Verträge, auf denen die deutschen
Konzessionen in Hankau und Tientsin gegenwärtig beruhen ...
Dritter Abschnitt. Siam. Artikel 135 Deutschland erkennt alle
Verträge, Vereinbarungen und Abmachungen zwischen ihm und Siam sowie alle darauf
beruhenden Rechte, Ansprüche und Vorrechte einschließlich aller Rechte der
Konsulargerichtsbarkeit in Siam vom 22. Juli 1917 ab als verfallen an.
Vierter Abschnitt. Liberia. Artikel 138 Deutschland verzichtet
auf alle Rechte und Vorrechte aus den Abkommen von 1911 und 1912, betreffend
Liberia, insbesondere auf das Recht der Ernennung eines deutschen Zolleinnehmers
in Liberia. Es erklärt außerdem seinen Verzicht auf jeden
Beteiligungsanspruch an allen Maßnahmen, die für die Wiederaufrichtung Liberias
getroffen werden könnten.
Fünfter Abschnitt. Marokko. Artikel 141 Deutschland verzichtet
auf alle Rechte, Ansprüche und Vorrechte, die ihm durch die Generalakte von
Algeciras vom 7. April 1906 und durch die deutsch-französischen Verträge vom 9.
Februar 1909 und vom 4. November 1911 zugestanden sind. Alle Verträge,
Übereinkommen, Abmachungen oder Kontrakte, die von ihm mit dem scherifischen
Reiche getroffen worden sind, gelten seit dem 3. August 1914 als aufgehoben ...
Sechster Abschnitt. Ägypten. Artikel 147 Deutschland anerkennt
das von Großbritannien am 18. Dezember 1914 erklärte Protektorat über Ägypten
und verzichtet auf die Kapitulationen in Ägypten ...
Achter Abschnitt. Schantung. Artikel 156 Deutschland verzichtet
zugunsten Japans auf alle seine Rechte, Ansprüche und Vorrechte - insbesondere
auf die, welche das Gebiet von Kiautschou, Eisenbahnen, Bergwerke und
unterseeische Kabel betreffen -, welche es auf Grund des zwischen ihm und China
am 6. März 1898 abgeschlossenen Vertrages sowie aller anderer Vereinbarungen
bezüglich der Provinz Schantung erworben hat ...
V. Teil (Artikel 159-213). Bestimmungen über die Land-, See- und
Luftstreitkräfte. Artikel 160 1. Spätestens am 31. März 1920
darf das deutsche Heer nicht mehr als sieben Infanterie-Divisionen und drei
Kavallerie-Divisionen umfassen. Von diesem Zeitpunkt an darf die gesamte
Iststärke des Heeres der Staaten, die Deutschland bilden, nicht
einhunderttausend Mann überschreiten, einschließlich Offiziere und das Personal
des Depots. Das Heer soll ausschließlich zur Aufrechterhaltung der Ordnung
innerhalb des Gebiets und als Grenzschutz verwandt werden. Die Gesamtstärke
der Offiziere, einschließlich des Personals der Stäbe, einerlei wie sie
zusammengesetzt sein mögen, darf viertausend nicht überschreiten. 3. Die
Divisionen dürfen unter nicht mehr als zwei Armeekorps-Kommandos zusammengefaßt
sein. Das Halten oder die Bildung von anders zusammengefaßten Streitkräften
oder von anderen Behörden für den Truppenbefehl oder für die Kriegsvorbereitung
ist verboten. Der deutsche Große Generalstab und alle ähnlichen Behörden werden
aufgelöst und dürfen in keinerlei Form wieder aufgestellt werden ...
Artikel 168 Die Herstellung von Waffen, Munition oder irgendwelchem
Kriegsmaterial darf nur in Fabriken oder Werkstätten erfolgen, deren Lage den
Regierungen der alliierten und assoziierten Hauptmächte mitgeteilt und von ihnen
gebilligt ist. Sie behalten sich das Recht vor, die Anzahl derselben
einzuschränken ...
Artikel 170 Die Einfuhr von Waffen, Munition und Kriegsmaterial
irgendwelcher Art nach Deutschland ist streng verboten. Das gleiche gilt für
die Herstellung und die Ausfuhr von Waffen, Munition und Kriegsmaterial
irgendwelcher Art nach fremden Ländern.
Artikel 171 Da der Gebrauch von erstickenden, giftigen und anderen
Gasen oder ähnlichen Flüssigkeiten, Stoffen oder Mitteln verboten ist, wird ihre
Herstellung in Deutschland und ihre Einfuhr streng untersagt. Dasselbe gilt
für alle Stoffe, die eigens für die Herstellung, Lagerung und den Gebrauch der
genannten Erzeugnisse oder Mittel bestimmt sind. Die Herstellung und Einfuhr
von Panzerwagen, Tanks und allen ähnlichen Konstruktionen, die für kriegerische
Zwecke verwendbar sind, ist Deutschland ebenfalls verboten.
Artikel 173 Die allgemeine Wehrpflicht wird in Deutschland
abgeschafft. Die deutsche Armee darf nur durch freiwillige Verpflichtung
gebildet und ergänzt werden.
Artikel 174 Die Unteroffiziere und Soldaten verpflichten sich für
die Dauer von zwölf Jahren. Die Zahl der Leute, die aus irgendeinem Grunde
vor Ablauf ihrer Verpflichtungszeit entlassen werden, darf im Jahre nicht mehr
als 50% der Iststärke betragen, die in Absatz 2 von Nummer 1 des Artikel 160
dieses Vertrages festgesetzt ist.
Artikel 175 Die Offiziere, die in der Armee verbleiben, müssen sich
verpflichten, in ihr mindestens bis zum Alter von 45 Jahren zu dienen.
Offiziere, die neu ernannt werden, müssen sich verpflichten, mindestens 25
Jahre hintereinander wirklich Dienst zu tun ...
Artikel 180 Alle befestigten Werke, Festungen und
Landbefestigungen, die auf deutschem Gebiet im Westen bis zu 50 km östlich des
Rheins liegen, müssen abgerüstet und geschleift werden ... Das
Befestigungssystem an der Süd- und Ostgrenze Deutschlands bleibt i seinem
jetzigen Zustand bestehen.
Artikel 181 Nach Ablauf einer Frist von zwei Monaten vom
Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages an dürfen die deutschen in Dienst
befindlichen Seestreitkräfte nicht mehr betragen als: 6 Schlachtschiffe der
Deutschland- oder Lothringen-Klasse, 6 kleine Kreuzer, 12 Zerstörer, 12
Torpedoboote oder eine gleiche Zahl von Schiffen, die zu ihrem Ersatz gebaut
wird, wie in Artikel 190 vorgesehen. Unterseeboote dürfen darunter nicht
enthalten sein. Alle andern Kriegsschiffe müssen außer Dienst gestellt oder
für Handelszwecke verwandt werden, sofern der gegenwärtige Vertrag nicht das
Gegenteil bestimmt.
Artikel 183 Nach Ablauf einer Frist von zwei Monaten vom
Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages an darf die Gesamtkopfstärke der
deutschen Kriegsmarine, einschließlich der Schiffsbesatzungen,
Küstenverteidigung, Signalstationen, Verwaltung und des sonstigen Landdienstes,
15.000 Mann nicht überschreiten, einschließlich der Offiziere und Mannschaften
aller Grade und Dienstzweige. Die Gesamtzahl der Offiziere und Deckoffiziere
darf 1.500 nicht überschreiten.
Artikel 190 Es ist Deutschland verboten, irgendwelche Kriegsschiffe
zu bauen oder zu erwerben, außer zum Ersatz der in Dienst befindlichen Einheiten
gemäß Artikel 181 des gegenwärtigen Vertrages ...
Artikel 194 Das Personal der deutschen Marine soll sich
ausschließlich durch freiwillige Verpflichtung ergänzen, die bei Offizieren und
Deckoffizieren für eine Zeitdauer von mindestens fünfundzwanzig laufenden
Jahren, bei Unteroffizieren und Mannschaften von zwölf laufenden Jahren
eingegangen werden muß ...
Artikel 198 Die bewaffnete Macht Deutschlands darf keine Land- oder
Marine-Luftstreitkräfte umfassen ...
VI. Teil (Artikel 214-226). Kriegsgefangene und Grabstätten.
VII. Teil (Artikel 227-230). Strafbestimmungen.
Artikel 227 Die alliierten und assoziierten Mächte stellen Wilhelm
II. von Hohenzollern, ehemaligen Deutschen Kaiser, unter öffentliche Anklage
wegen schwerster Verletzung der internationalen Moral und der Heiligkeit der
Verträge. Ein besonderer Gerichtshof wird gebildet werden, um den
Angeklagten unter Wahrung der wesentlichen Bürgschaften seines
Verteidigungsrechtes zu richten ... Die alliierten und assoziierten Mächte
werden an die niederländische Regierung ein Ersuchen richten, ihnen den
ehemaligen Kaiser zum Zwecke seiner Aburteilung auszuliefern.
Artikel 228 Die deutsche Regierung erkennt die Befugnis der
alliierten und assoziierten Mächte an, vor ihre Militärgerichte solche Personen
zu stellen, die wegen einer gegen die Gesetze und Gebräuche des Krieges
verstoßenden Handlung angeklagt sind ... Die deutsche Regierung hat den
alliierten und assoziierten Mächten oder derjenigen von ihnen, die sie darum
ersuchen wird, alle Personen auszuliefern, die angeklagt sind, eine Handlung
gegen die Gesetze und Gebräuche des Krieges begangen zu haben, und die ihr
namentlich oder nach dem Rang, dem Amt oder der Beschäftigung in deutschen
Diensten bezeichnet werden.
VIII. Teil (Artikel 231-247). Wiedergutmachungen.
Artikel 231 Die alliierten und assoziierten Regierungen erklären
und Deutschland erkennt an, daß Deutschland und seine Verbündeten als Urheber
aller Verluste und aller Schäden verantwortlich sind, welche die alliierten und
assoziierten Regierungen und ihre Angehörigen infolge des ihnen durch den
Angriff Deutschlands und seiner Verbündeten aufgezwungenen Krieges erlitten
haben.
Artikel 232 Die alliierten und assoziierten Regierungen erkennen
an, daß die Hilfsmittel Deutschlands nicht ausreichen, um die vollständige
Wiedergutmachung aller dieser Verluste und aller dieser Schäden sicherzustellen,
indem sie der ständigen Verminderung dieser Hilfsmittel Rechnung tragen, die
sich aus den übrigen Bestimmungen dieses Vertrages ergibt. Die alliierten
und assoziierten Regierungen verlangen indessen und Deutschland übernimmt die
Verpflichtung, daß alle Schäden wieder gutgemacht werden, die der
Zivilbevölkerung jeder der alliierten und assoziierten Regierungen und ihrem
Eigentum während der Zeit, da diese Macht sich im Kriegszustand mit Deutschland
befand, durch den erwähnten Angriff zu Lande, zur See und aus der Luft zugefügt
sind, und überhaupt alle Schäden, wie sie in der Anlage I näher bestimmt sind
... [Anlage I: Ausnahmslos alle von Zivilpersonen erlittenen Schäden,
Kriegsgefangenen durch schlechte Behandlung zugefügte Schäden, Rentenzahlungen
an überlebende militärische Kriegsopfer, Unterhaltszahlungen an die Familien von
Militärangehörigen u.a.m.]
Artikel 233 Die Höhe der erwähnten Schäden, deren Wiedergutmachung
von Deutschland geschuldet wird, wird von einer interalliierten Kommission
festgestellt werden. Die Kommission erhält die Bezeichnung
Wiedergutmachungskommission ... Die Beschlüsse dieser Kommission über die
Höhe der obenbezeichneten Schäden sollen spätestens am 1. Mai 1921 aufgesetzt
und der deutschen Regierung als Gesamtbetrag ihrer Verpflichtungen mitgeteilt
werden. Die Kommission wird gleichzeitig einen Zahlungsplan aufstellen; sie
wird dabei die Fristen und die Art und Weise für die Ablösung der Gesamtschuld
durch Deutschland innerhalb eines Zeitraumes von dreißig Jahren vorsehen, der
mit dem 1. Mai 1921 beginnt ...
Artikel 235 Damit die alliierten und assoziierten Mächte schon
jetzt den Wiederaufbau ihres industriellen und wirtschaftlichen Lebens in
Angriff nehmen können, zahlt Deutschland vor Feststellung der endgültigen Höhe
ihrer Ersatzansprüche während der Jahre 1919 und 1920 und in den ersten vier
Monaten des Jahres 1921 den Gegenwert von 20 Milliarden (zwanzig Milliarden)
Mark Gold in Anrechnung auf die obigen Forderungen ...
Artikel 236 Deutschland willigt außerdem darein, daß seine
wirtschaftlichen Hilfsmittel unmittelbar in den Dienst der Wiedergutmachungen
gestellt werden, nach näherer Bestimmung der Anlagen III, IV, V und VI, welche
die Handelsflotte, die Wiederherstellung in Natur, Kohle und Kohlenprodukte,
Farbstoffe und andere chemische Erzeugnisse betreffen, vorausgesetzt, daß der
Wert der übertragenen Güter und der nach Maßgabe der genannten Anlagen erfolgten
Leistungen in der vorgeschriebenen Weise festgestellt ist, Deutschland
gutgeschrieben und von den in den vorstehenden Artikeln vorgesehenen
Verpflichtungen in Abzug gebracht wird.
Artikel 237 Die von Deutschland zur Befriedigung der
vorbezeichneten Schadensanmeldungen bewirkten Teilzahlungen einschließlich
derer, die in den vorstehenden Artikeln bezeichnet sind, werden von den
alliierten und assoziierten Regierungen nach einem Schlüssel verteilt, der von
ihnen im voraus und auf der Grundlage der Billigkeit und der Rechte einer jeden
bestimmt ist ...
In Anlage III heißt es: § 1. Deutschland erkennt das Recht der alliierten
und assoziierten Mächte auf Ersatz aller Handelsschiffe und Fischereifahrzeuge
an, die infolge von Kriegsereignissen verlorengegangen oder beschädigt sind, und
zwar Tonne für Tonne (Bruttotonne) und Klasse für Klasse ... Die deutsche
Regierung tritt den alliierten und assoziierten Regierungen im eigenen Namen und
so, daß alle anderen Beteiligten dadurch gebunden werden, das Eigentum an allen
seinen Angehörigen gehörenden Handelsschiffen von 1.600 Bruttotonnen und darüber
ab, desgleichen die Hälfte des Tonnengehalts der Schiffe, deren Bruttotonnage
zwischen 1.000 und 1.600 Tonnen beträgt, und je ein Viertel des Tonnengehalts
der Fischdampfer und der anderen Fischereifahrzeuge.
§ 2. Die deutsche Regierung hat innerhalb von zwei Monaten nach Inkrafttreten
dieses Vertrags der Wiedergutmachungskommission alle im § 1 bezeichneten Schiffe
und sonstigen Seefahrzeuge zu übergeben.
In der Anlage V heißt es: § 1. Deutschland verpflichtet sich, auf
Anfordern der Signatarmächte des vorliegenden Friedensvertrages folgende Mengen
von Kohlen und Kohlennebenprodukten zu liefern.
§ 2. Deutschland liefert an Frankreich während der Dauer von 10 Jahren 7
Millionen Tonnen Kohle jährlich. Ferner liefert Deutschland an Frankreich jedes
Jahr soviel Kohlen, als der Unterschied zwischen der Jahresförderung vor dem
Kriege aus den Bergwerken des Nordens und des Pas-de-Calais, die durch den Krieg
zerstört sind, und der Förderung aus den Bergwerken dieses Beckens während des
in Betracht kommenden Jahres beträgt. Diese Lieferung findet 10 Jahre lang
statt. Sie soll während der ersten 5 Jahre 20 Millionen Tonnen jährlich und
während der folgenden 5 Jahre 8 Millionen Tonnen jährlich nicht überschreiten
...
§ 3. Deutschland liefert an Belgien jährlich 8 Millionen Tonnen Kohlen
während der Dauer von 10 Jahren.
§ 4. Deutschland liefert an Italien folgende Höchstmengen an Kohle: Juli
1919 bis Juni 1920: 4 ½ Millionen Tonnen, Juli 1920 bis Juni 1921: 6
Millionen Tonnen, Juli 1921 bis Juni 1922: 7 ½ Millionen Tonnen, Juli
1922 bis Juni 1923: 8 Millionen Tonnen, Juli 1923 bis Juni 1924: 8 ½
Millionen Tonnen und während der nächsten fünf Jahre: Je 8 ½ Millionen
Tonnen...
IX. Teil (Artikel 248-263). Finanzielle Bestimmungen.
Artikel 249 Deutschland trägt die gesamten Kosten für den Unterhalt
aller alliierten und assoziierten Armeen in den besetzten deutschen Gebieten
Tage der Unterzeichnung des Waffenstillstandes, dem 11. November 1918 ab ...
Artikel 260 Unbeschadet der Verzichtleistungen auf Rechte, welche
Deutschland für sich oder seine Reichsangehörigen auf Grund der Bestimmungen
dieses Vertrages auszusprechen hat, kann die Wiedergutmachungskommission
innerhalb eines Jahres vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages ab
verlangen, daß die deutsche Regierung alle Rechte und Interessen erwirbt, welche
deutsche Reichsangehörige an irgendeiner öffentlichen Unternehmung oder an
irgendeiner Konzession in Rußland, in China, in Österreich, in Ungarn, in
Bulgarien, in der Türkei. in den Besitzungen und Nebenländern dieser Staaten
oder in einem Gebietsteile besitzt, welcher bisher Deutschland oder seinen
Alliierten gehörte und welcher von Deutschland oder seinen Alliierten an
irgendeine Macht abgetreten oder gemäß dem vorliegenden Vertrag von einem
Mandatar verwaltet werden muß. Andererseits muß die deutsche Regierung binnen 6
Monaten von der Stellung der Forderung ab alle diese Rechte und Interessen und
alle gleichartigen Rechte und Interessen, die die deutsche Regierung selbst
besitzt, auf die Wiedergutmachungskommission übertragen ...
X. Teil (Artikel 264-312). Wirtschaftliche Bestimmungen.
Artikel 264 Deutschland verpflichtet sich, Waren, Rohstoffe oder
Fabrikate irgendeines der alliierten oder assoziierten Staaten, die in deutsches
Gebiet eingeführt werden, ohne Rücksicht auf ihren Herkunftsort, keinen anderen
oder höheren Zollsätzen oder Gebühren (einschließlich innerer Abgaben) zu
unterwerfen als solchen, denen dieselben Waren, Rohstoffe oder Fabrikate
irgendeines anderen der erwähnten Staaten oder eines anderen fremden Landes
unterworfen sind ...
Artikel 267 Alle Begünstigungen, Befreiungen oder Vorrechte in
bezug auf Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr von Waren, die von Deutschland
irgendeinem der alliierten oder assoziierten Staaten oder irgendeinem anderen
fremden Lande gewährt werden, werden gleichzeitig und bedingungslos ohne
diesbezügliche Aufforderung und ohne Gegenleistung auf alle alliierten und
assoziierten Staaten ausgedehnt. Artikel 264 und 267 "verlieren fünf Jahre
nach dem Inkrafttreten des vorliegenden Vertrages ihre Wirksamkeit..." (Artikel
280).
Artikel 292 Deutschland erkennt an, daß alle Verträge, Abmachungen
und Vereinbarungen aufgehoben sind und aufgehoben bleiben, welche es mit Rußland
oder irgendeinem Staate oder irgendeiner Regierung, deren Gebiet ehemals einen
Teil Rußlands bildete, ebenso mit Rumänien vor dem 1. August 1914 oder seit
diesem Datum bis zum Inkrafttreten dieses Vertrages geschlossen hat.
Artikel 297 Unter dem Vorbehalt entgegenstehender Bestimmungen, die
sich aus dem gegenwärtigen Vertrage ergeben könnten, behalten sich die
alliierten und assoziierten Mächte das Recht vor, alles Eigentum, alle Rechte
und Interessen, die sich am Tage des Inkrafttretens des Vertrags auf deutsche
Reichsangehörige beziehen oder auf von Ihnen beaufsichtigte Gesellschaften, die
auf Ihrem Gebiet, in ihren Kolonien, Besitzungen und Schutzgebieten
einschließlich der ihnen auf Grund des gegenwärtigen Vertrages abgetretenen
Gebiete liegen, zurückzubehalten und zu liquidieren ...
XI. Teil (Artikel 313-320). Luftschiffahrt.
XII. Teil (Artikel 321-386). Häfen, Wasserstraßen und Eisenbahnen.
Artikel 321 Deutschland verpflichtet sich, Personen, Gütern, See-
oder Flußschiffen, Eisenbahnwagen und dem Postverkehr von oder nach den Gebieten
irgendeiner der alliierten und assoziierten Mächte, gleichviel, ob sie an
Deutschland angrenzen oder nicht, die freie Durchfuhr durch sein Gebiet auf den
für den Internationalen Verkehr geeignetsten Transportwegen, auf Eisenbahnen,
schiffbaren Wasserläufen oder Kanälen zu gewähren; zu diesem Zweck wird die
Durchfahrt quer durch Hoheitsgewässer gestattet. Die Personen, Güter, See- oder
Flußschiffe, Personenwagen, Güterwagen und der Postverkehr werden keinem
Durchfuhrzoll noch unnötigen Aufenthalten und Einschränkungen unterworfen und
haben in Deutschland ein Anrecht auf gleiche Behandlung wie der innerdeutsche
Verkehr in bezug auf Gebühren und Erleichterungen, ebenso wie in jeder anderen
Hinsicht. Die Durchgangsgüter sind von allen Zoll- oder ähnlichen Abgaben
befreit ...
XIII. Teil (Artikel 387-427). Arbeit.
Da der Völkerbund die Begründung des Weltfriedens zum Ziele, hat und ein
solcher Friede nur auf dem Boden der sozialen Gerechtigkeit begründet werden
kann; und da ferner Arbeitsbedingungen bestehen, welche für eine große Zahl von
Menschen Ungerechtigkeit, Elend und Entbehrungen mit sich bringen, durch die
eine derartige Unzufriedenheit erzeugt wird, daß der Weltfriede und die
Welteintracht in Gefahr geraten, und eine Verbesserung dieser Verhältnisse
dringend erforderlich ist, z. B. in bezug auf die Regelung der Arbeitszeit, die
Festlegung eines Maximalarbeitstages und einer Maximalarbeitswoche, die Regelung
des Arbeitsmarktes, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die Sicherstellung
eines Lohnes, der angemessene Daseinsbedingungen gewährleistet, den Schutz der
Arbeiter gegen allgemeine und Berufskrankheiten und Arbeitsunfälle, den Schutz
der Kinder, Jugendlichen und Frauen, die Alters- und Invalidenrenten, den Schutz
der Interessen der im Auslande beschäftigten Arbeiter, die Anerkennung des
Grundsatzes der Koalitionsfreiheit, die Organisation der beruflichen und
technischen Fortbildung und andere gleichartige Maßnahmen; da endlich die
Nichtannahme wirklich menschenwürdiger Arbeitsbedingungen durch einen Staat ein
Hindernis für die Bemühungen der anderen Nationen bedeutet, welche das Los der
Arbeiter ihrer eigenen Länder zu bessern wünschen, so haben die Hohen
vertragschließenden Parteien, bewegt durch Gefühle der Gerechtigkeit und der
Menschlichkeit, wie auch durch den Wunsch, einen dauernden Weltfrieden zu
sichern, folgendes vereinbart:
Artikel 387 Um an der Verwirklichung des in der Einleitung
niedergelegten Programms zu arbeiten, wird eine ständige Organisation begründet.
Die ursprünglichen Mitglieder des Völkerbundes sollen die ursprünglichen
Mitglieder dieser Organisation sein. Später soll die Mitgliedschaft im
Völkerbunde die Mitgliedschaft in der genannten Organisation zur Folge haben.
Artikel 388 Die ständige Organisation soll umfassen: 1. eine
allgemeine Konferenz der Vertreter der Mitglieder, 2. ein internationales
Arbeitsamt unter Leitung des im Artikel 393 vorgesehenen Verwaltungsrats.
Artikel 392 Das internationale Arbeitsamt wird am Sitze des
Völkerbundes errichtet und bildet einen Bestandteil des Bundes.
Artikel 393 Das internationale Arbeitsamt untersteht der Leitung
eines Verwaltungsrates von 24 Personen, die nach folgenden Vorschriften bestimmt
werden: Der Verwaltungsrat des internationalen Arbeitsamtes setzt sich wie
folgt zusammen: 12 Personen als Vertreter der Regierungen, 6 Personen,
die von den Vertretern der Arbeitgeber in der Konferenz gewählt sind, 6
Personen, die von den Vertretern der Angestellten und Arbeiter in der Konferenz
gewählt werden ...
Artikel 396 Die Aufgaben des Internationalen Arbeitsamtes umfassen
die Zentralisierung und Verteilung aller Auskünfte in bezug auf die
internationale Regelung der Arbeiterverhältnisse und Arbeitsbedingungen,
insbesondere die Bearbeitung der Fragen, welche der Konferenz zum Zwecke des
Abschlusses internationaler Abkommen vorgelegt werden sollen, sowie die
Ausführung aller durch die Konferenz beschlossenen besonderen Ermittlungen ...
XIV. Teil (Artikel 428-433). Sicherheiten für die Ausführung.
Artikel 428 Als Sicherheit für die Ausführung des vorliegenden
Vertrages durch Deutschland werden die deutschen Gebiete westlich des Rheins
einschließlich der Brückenköpfe durch die Truppen der alliierten und
assoziierten Mächte während eines Zeitraumes von 15 Jahren besetzt, der mit dem
Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages beginnt.
Artikel 429 Wenn die Bedingungen des gegenwärtigen Vertrages durch
Deutschland getreulich erfüllt werden, so soll die im Artikel 428 vorgesehene
Besetzung nach und nach in folgender Weise eingeschränkt werden: 1. Nach
Ablauf von fünf Jahren werden geräumt: der Brückenkopf von Köln und die Gebiete
nördlich einer Linie, die dem Laufe der Ruhr, dann der Eisenbahnlinie
Jülich-Düren-Euskirchen-Rheinbach, ferner der Straße von Rheinbach nach Sinzig
folgt, und die den Rhein bei dem Einfluß der Ahr trifft, wobei die vorhin
genannten Straßen, Eisenbahnen und Orte außerhalb der besagten Räumungszone
bleiben. 2. Nach Ablauf von zehn Jahren werden geräumt: der Brückenkopf von
Coblenz und die Gebiete nördlich einer Linie, die an dem Schnittpunkte der
Grenzen Belgiens, Deutschlands und Hollands beginnt, etwa vier Kilometer südlich
Aachen verläuft, dann bis zum Höhenrücken von Vorst-Gemünd verläuft, dann
östlich der Eisenbahnlinie des Urfttales, dann über Blankenhain, Waldorf, Dreis,
Ulmen bis zur Mosel, diesem Flusse von Bremm bis Nehren folgt, dann über Kappel
und Simmern der Höhenlinie zwischen Simmern und dem Rhein folgt und diesen Fluß
bei Bacharach erreicht, wobei alle genannten Orte, Täler, Straßen und
Eisenbahnen außerhalb der Räumungszone bleiben. 3. Nach Ablauf von 15 Jahren
werden geräumt: der Brückenkopf von Mainz, der Brückenkopf von Kehl und der Rest
des besetzten deutschen Gebiets. Wenn zu diesem Zeitpunkte die Sicherheiten
gegen einen nicht herausgeforderten Angriff Deutschlands von den alliierten und
assoziierten Regierungen nicht als ausreichend betrachtet werden, so kann die
Entfernung der Besatzungstruppen in dem Maße aufgeschoben werden, wie dies zur
Erreichung der genannten Bürgschaften für nötig erachtet wird.
Artikel 430 Falls die Wiedergutmachungskommission während der
Besetzung oder nach Ablauf der im Vorhergehenden genannten 15 Jahre feststellt,
daß Deutschland sich weigert, die Gesamtheit oder einzelne der ihm nach dem
gegenwärtigen Vertrage obliegenden Wiedergutmachungsverpflichtungen zu erfüllen,
so werden die im Artikel 429 genannten Gebiete ganz oder teilweise sofort von
neuem durch die alliierten und assoziierten Truppen besetzt.
Artikel 433 Als Sicherheit für die Ausführung der Bestimmungen des
gegenwärtigen Vertrages, durch welche Deutschland endgültig die Aufhebungen des
Vertrages von Brest-Litowsk wie auch aller Verträge, Konventionen und
Vereinbarungen anerkennt, die es mit der maximalistischen Regierung in Rußland
abgeschlossen hat, wie auch um die Wiederherstellung des Friedens und einer
guten Regierung in den baltischen Provinzen und in Litauen zu sichern, sollen
die deutschen Truppen, welche sich zur Zeit in den genannten Gebieten befinden,
innerhalb der Grenzen Deutschlands zurückkehren, sobald die Regierungen der
alliierten und assoziierten Hauptmächte den Zeitpunkt mit Rücksicht auf die
innere Lage dieser Gebiete für gekommen erachten ...
XV. Teil (Artikel 434-440) Verschiedene Bestimmungen.
Artikel 434 Deutschland verpflichtet sich, die volle Gültigkeit der
Friedensverträge und Zusatzabkommen anzuerkennen, welche von den alliierten und
assoziierten Mächten mit den Mächten geschlossen werden, die auf seiten
Deutschlands gekämpft haben, und sich mit den Bestimmungen einverstanden zu
erklären, welche bezüglich der Gebiete der ehemaligen österreichisch-ungarischen
Monarchie, des Königreichs Bulgarien und des Ottomanischen Reiches getroffen
werden, auch die neuen Staaten innerhalb der Grenzen, die auf diese Weise für
sie festgelegt wurden, anzuerkennen.
Martens, Nouv. Recueil Général, 3. S., Bd. XI, S. 323 ff. Der
Friedensvertrag von Versailles nebst Schlußprotokoll und Rheinlandstatut.,
Berlin 1925. |